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Wann müssen Weine reifen?

Aktualisiert: 1. März


Weinfass mit Weinflaschen und einem Glas Rotwein auf einem Holztisch. Das Arrangement ist mit weiteren Gegenständen wie Weintrauben dekoriert.

Häufig liest man in Weinbeschreibungen

  • x Monate in französischer und/oder amerikanischer Eiche gereift“ oder

  • im Stahltank ausgebaut

  • y Monate Flaschenreifung.

Worin liegt der Unterschied zwischen Reifung im Barrique (225 l Holzfass) und Stahltank? Wann muss/kann ein Wein im Holzfass reifen? Was geschieht mit dem Wein in den unterschiedlichen Ausbauarten? Worin liegt der Unterschied zur Reifung im Stahltank und was passiert bei der Flaschenreifung?


Welche Weine besitzen Alterungspotential?

Mehrere Faktoren spielen bei der Alterung von Wein eine Rolle:

  • zunächst die Eigenschaften eines Weines, die mit der Rebsorte aber auch mit den Anbaubedingungen in Verbindung stehen wie der Alkohol-, Säure- und Zuckergehalt, sowie die Phenolkonzentration

  • aber auch Umweltbedingungen wie die Beschaffenheit des Behältnisses, in dem Reifung stattfindet und die Lagerzeit

  • weiterhin der Sauerstoffgehalt, Bakterien, und bei der Flaschengärung Licht, Temperatur, die Flaschenpositionierung (waagrecht oder senkrecht)

Nicht jeder Wein ist für die Reifung, d.h. für den Ausbau im Fass geeignet. Im Grunde sind das aus den verschiedensten Gründen die wenigsten, auf die ich gleich eingehen werden.

Weißweine oder Rosés werden in der Regel nicht im Holzfass einer Alterung unterzogen. Sie werden im Stahl- oder Betontank fermentiert, geschönt, stabilisiert und anschließend abgefüllt. Sie sind dazu bestimmt, innerhalb von 1 bis 2 Jahren getrunken zu werden. Das betrifft auch viele junge Rotweine, in der Regel Tafel- oder Landweine, die von ihrer Fruchtigkeit leben und im Laufe der Monate oder Jahre an Frische verlieren würden. Das sind ca. 95% der produzierten Weine. 5% sind für die Alterung geeignet.

Woran erkennt man, ob ein Wein alterungsfähig ist? Es gibt verschiedene Indikatoren wie den bereits oben erwähnten Säuregehalt. Je niedriger der pH-Wert (ein Maß für den Säuregehalt), d.h., je höher die Konzentration an Säure ist, desto höher ist das Alterungspotential eines Weines. Ebenso verhält es sich mit den anderen Indikatoren wie dem Alkoholgehalt, Zuckergehalt und der Phenolkonzentration. Dazu gibt es Richtwerte, an welchen sich der Winzer oder Önologe orientieren kann. Die Andalusische Regierung gab eine Studie in Auftrag, in welcher folgende Mindestwerte für die Eignung von Weinen mediterraner Regionen zur Reifung festgestellt wurden:

Gesamtphenolindex

​60 mg/l GAE (Galic Acid Equivalent)

Anthocyane

800 mg/l

Tannine

3 g/l

​pH

<3,50

Gesamtsäure

4,5 g/l

Alkoholkonzentration

>12 vol%

SO2

150 - 200 mg/l

Der Zusatz von SO2 ist insofern wichtig, als das mikrobielle Wachstum eingeschränkt wird, was sich auf die organoleptischen Eigenschaften des Weines nachteilig auswirken kann.

Beginnen wir mit dem schwierigen, aufwändigeren Teil, der Reifung von Wein im Holzfass.


Oxidativer Ausbau

Seit Jahrhunderten werden im Weinausbau Holzfässer verwendet, zum einen zur Lagerung und Konservierung und zum anderen zur Alterung von Wein. Man kann diesen Alterungsprozess in 2 Phasen unterscheiden: den oxidativen Ausbau, der in Holzfässern erfolgt und dem wir uns in diesem Artikel mehrheitlich widmen wollen, sowie dem reduktiven Ausbau, der in der Flasche erfolgt.


Beim Holzausbau spielen 3 Parameter eine entscheidende Rolle:

  • das ist zum einen der Luftsauerstoff der durch die Poren des Holzes und Schnittstellen wie Spundloch, Daubenkontaktstellen und Deckel in den Wein diffundiert

  • zum zweiten der Phenoleintrag aus dem Holz in den Wein

  • und letztlich eine Anreicherung des Weines mit Aromastoffen aus dem Holz.


Die Schnittstellen Spund-Loch, Deckel-Dauben und die Kontaktflächen zwischen den Dauben variieren von Fass zu Fass bauartbedingt und können schlecht beeinflusst oder kontrolliert werden. Das Holz selbst, dessen Eigenschaften spielen jedoch ebenso eine große Rolle sowohl beim Sauerstoff-, beim Phenol- und Aromaeintrag in den Wein.


Fässer zur Reifung von Wein werden üblicherweise aus Eiche hergestellt, aus französischer und amerikanischer Eiche. Beide Hölzer unterscheiden sich in Ihrer Struktur, wobei die amerikanischen Hölzer größere Poren aufweisen als die französischen. Dies hat einen entscheidenden Einfluss auf die Sauerstofftransferrate (OTR) die bei amerikanischen Hölzern bei gleicher Behandlung höher ist als bei der europäischen Form. Welchen Einfluss hat dies jedoch auf den Wein?

Durch den unterschiedlich hohen Sauerstoffeintrag in den Wein entwickeln sich die Weine unterschiedlich in Farbe und Aroma. Weine mit einem geringeren Sauerstoffanteil entwickeln stabilere Farbmoleküle und polymerisieren langsamer als Wein mit einer höheren Sauerstofftransferrate. Auch entwickeln sie andere, vielfältigere und komplexere Aromen.


Weine aus amerikanischer Eiche sind reicher an Tanninen und wirken kräftiger als die französischer Hölzer, welche eher für elegantere Weine verwendet werden, deren Aromen durch die kräftigeren Tannine aus amerikanischem Holz überlagert würden. Daher wird amerikanische Eiche eher bei kräftigen Weinen wie den Tempranillos aus der D.O. La Rioja eingesetzt.


Die Reifung in Holzfässern (Barriques) hat jedoch auch den Vorteil, dass sich polymerisierte große Phenolmoleküle mit der Zeit ablagen und als Depot im Boden des Weinfasses absetzen. Somit trägt das Barrique auch zur Klärung und Stabilisierung des Weines bei [1].


Ein weiterer Aspekt bei der Aromabildung in holzgereiftem Wein ergibt sich aus der Vorbehandlung der Fässer vor deren Einsatz. Um die Fässer in Form zu bringen, d.h. um die Fassdauben biegen zu können, werden sie über offenem Feuer erhitzt. Anschließend wird ein weiterer aromabildender Faktor eingesetzt, indem Fässer gezielt über offenen Flammen in unterschiedlichen Röstgraden leicht, mittel oder stark "getoastet" werden. Es werden dadurch Holzsubstanzen wie Lignin, Zellulose, Hemizellulose, etc. thermisch zersetzt, deren Endprodukte wie Furane, flüchtige Phenole, Lactone, Ketone und Aldehyde sich anschließend im Wein wiederfinden. Durch das Toasten werden unter anderem diese Aromen gebildet:

  • Vanille

  • Karamell

  • Zimt

  • Nelke

  • Muskat

  • Kokosnuss (amerikanische Eiche)

  • Dill (amerikanische Eiche)

  • Rauchnoten

  • Schokolade

  • Kaffee


Reduktiver Ausbau

Nicht alle Weine lassen sich wie eingangs erwähnt auf diese Weise reifen. Auf die meisten lässt sich diese Methode nicht anwenden, sondern diese werden in Stahl- oder Betontanks fermentiert und anschließend unter Umständen noch einige Zeit bis zur Abfüllung unter Luftausschluss (reduktiv) gelagert.

Der Stahl oder Beton übt keinerlei Einfluss auf die Qualität der darin gelagerten Weine aus, so dass deren fruchtiges aus der Fermentation stammendes Aroma erhalten bleibt. An Luftsauerstoff würden diese Weine oxidieren und sie würden innerhalb kurzer Zeit ihr Aroma verlieren.


Es greifen immer mehr Winzer auf diese Ausbaumethode zurück, da diese Weine nicht so viel Tannin enthalten wie die im Barrique ausgebauten Vertreter, leichter wirken und dem momentanen Bedarf nach leichtern Weinen nachkommen. Zudem sind Stahltanks leichter instand zu halten und zu reinigen als Barriques und sie können beliebig oft eingesetzt werden. Barriques werden in der Regel 3-mal eingesetzt. Danach haben sie ihr Vermögen, ihre Inhaltsstoffe an den Wein anzugeben, weitgehend verloren. Dadurch werden die Barrique-Weine in der Herstellung erheblich teurer.


Flaschenreifung

Nach ihrer Lagerzeit im Holzfass oder Stahltank werden die Weine in Flaschen abgefüllt. Damit ist der Alterungsprozess jedoch noch nicht abgeschlossen. Auch in der Flasche unterliegt der Wein, sei es Rot- oder Weißwein, einer Alterung, die sich jedoch je nach Wein Typ im Ablauf unterscheidet.


Bei den Rotweinen geht die Polymerisation in der Flasche weiter, bis die Moleküle eine kritische Größe erreicht haben, ausfallen und sich als Depot am Flaschenboden ansammeln. Auch andere Geschmacksbildende Stoffe reagieren miteinander und bilden neue Stoffe: aus Aldehyden bilden sich durch Oxidation Ketone, aus Alkohol und Säuren bilden sich Ester, die zum einen selbst eine geschmacksbildende Funktion haben oder mit anderen Substanzen reagieren und so weitere Aromen bilden, den sogenannten Tertiäraromen. Dies ist ein Alterungsvorgang, der die Komplexität eines Weines erhöht und dessen Qualität steigert. Im Laufe der Zeit verringert sich die Konzentration der geschmacksbildenden Stoffe durch Polymerisation oder Reaktion mit anderen Substanzen und die Säure tritt mehr in den Vordergrund. Dies ist der Zeitpunkt, an dem der Wein seinen Zenit überschritten hat und sich seine Qualität verschlechtert. Wann dieser Zeitpunkt gekommen ist, kann man nicht mit Sicherheit vorhersagen, da dieser Alterungsprozess von mehreren Faktoren abhängt wie Temperatur, Licht, Größe der Flasche, Art des Verschlusses, chemische Ausgangszusammensetzung des Weines, Temperaturschwankungen, Sauerstoffeinfluss, etc.


Der Alterungsprozess der Weißweine in der Flasche ist nicht so gut erforscht wie der der Rotweine, Man weiß jedoch, dass der Phenolgehalt bei Weißweinen nicht eine so große Rolle spielt wie bei Rotweinen, sondern dass eher der Säure- und Zuckergehalt für die Alterung maßgebliche Parameter sind. So ist ein Riesling mit einem niedrigen pH-Wert oft länger haltbar als ein Chardonnay, der einen höheren Gehalt an Phenolen hat. Auch wirkt sich die Fassreifung von Weißweinen positiv auf die Flaschenalterung aus.

Einteilung spanischer Weine nach Reifezeit

Spanien ist das einzige Weinland, das seine Weine nach Reifezeit klassifiziert: in Joven, Crianza, Reserva und Gran Reserva. Die Kennzeichen dieser Kategorien sind nachfolgend vorgestellt.

Joven

Beim Joven (der kaum so ausgezeichnet wird, aber der Vollständigkeit halber dennoch erwähnt werden soll) handelt es sich um einen jungen Wein, der direkt in die Flasche abgefüllt wird und nicht im Fass reift wie seine kräftigeren, tanninreichen Zeitgenossen. Der Joven kommt meist noch im selben Jahr der Abfüllung in den Verkauf.


Crianza

Crianzas reifen insgesamt 2 Jahre: 6 Monate im Holzfass und 18 Monate in der Flasche bis sie in den Verkauf kommen. Im Rioja und Ribera del Duero sind es sogar 12 Monate, die Crianzas im Fass (Barrique) verbringen (J. Robinson, Das Oxford Weinlexikon).


Reserva

Die roten Reservas reifen drei Jahre: ein Jahr davon im Fass und zwei in der Flasche. Reserva Weißweine reifen 6 Monate im Holzfass und anschließend 18 Monate in der Flasche.


Gran Reserva

Rotweine aus besonders guten Jahrgängen können noch länger reifen: zwei Jahre im Fass und anschließend drei Jahre entweder in der Flasche oder im Beton- oder Stahltank. Diese besonderen Weine kommen erst im sechsten Jahr nach der Lese auf den Markt und werden Gran Reserva genannt. Für besondere weiße Gran Reservas gelten 6 Monate im Fass und 42 Monate in der Flasche.



Referenzen

​[1]

National Library of Medicine/Foods - Wine Aging Technology: Fundamental Role of Wood Barrels, Sep. 9. 2020

[2]

LWT - Lebensmittelwissenschaft und -technologie 158 (2022) 113113 - Entwicklung von Rotwein in Eichenfässern mit unterschiedlicher Sauerstoffdurchlässigkeit. Phenolische Verbindungen und Farbe.

[3]

Jancis Robinson - Das Oxford Weinlexikon - Hallwag Verlag, Auflage 5, 2007



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